Wenn die Welt zum Sturm wird: Ein Blick in die Welt der Panikattacken
Ich erinnere mich daran, wie oft ich beinahe an einem Asthma-Anfall erstickt wäre. In diesen Momenten, wenn die Luft knapp wird und das Gefühl des Erstickens einsetzt, erlebt man eine intensive Angst. Obwohl die Ursache eine andere war, ähnelten die Symptome stark denen einer Panikattacke: Atemnot, Angstgefühle und schnelle Atmung. Als schliesslich Medikamente gegen meine Asthma-Anfälle zur Verfügung standen, plagte mich ständig die Sorge, mein Asthma-Spray zu vergessen. In solchen Momenten übermannte mich sofort die Angst vor einem erneuten Anfall und damit einhergehend: erneute Atemnot. Ein Teufelskreis aus Stress, den viele Menschen mit Panikattacken nur allzu gut kennen – die Angst vor der Angst.
Ein beträchtlicher Teil meiner frühen Lebensjahre war von Angst geprägt. Angst vor meinem Vater, vor meinem Coming-Out, vor Sportveranstaltungen und vielem mehr. Panikattacken erlebte ich jedoch sonst "nur" beim Schwimmen im offenen Meer oder wenn ich alleine im dunklen Wald war. Deshalb glaube ich, dass ich gut nachempfinden kann, wie leicht man eine Panikattacke bekommen kann.
Ich bin zwar kein Arzt, doch ich weiss, was es bedeutet, seine eigenen Ängste unter Kontrolle gebracht zu haben - sogar die Asthma-Anfälle. Der Weg dahin war für mich persönlich, aber auch wissenschaftlich betrachtet, eine Reise durch Selbstakzeptanz, Achtsamkeit und die bewusste Kontrolle über meine Atmung. Es erforderte Geduld und Übung, aber es war möglich. Und ich bin sicher, dass es für viele andere auch möglich ist, einen Weg zu finden, um mit den Stürmen der Panikattacken umzugehen. Oft beginnt es damit, sich selbst zu verstehen und zu akzeptieren, bevor man Schritte in Richtung Heilung unternimmt.
Wie ich meine Ängste überwunden habe
Ich hatte vor so vielen Dingen Angst - vor Hunden, vor Höhen, davor, vor anderen zu sprechen, mich zu outen (eine Sache, die nie endet), meine Meinung zu äussern, Fehler zu machen, und vor der Angst, wieder "arm" zu sein.
Aber weisst du, was ich gemacht habe? Ich bin meinen Ängsten direkt entgegengetreten, "gaaaaanz einfach*".
Sind meine Ängste jetzt komplett verschwunden? Zum Glück nicht. Angst ist ein natürlicher Teil des Lebens und hat sogar eine wichtige Überlebensfunktion. Aber hier ist der Unterschied: Diese Ängste kontrollieren mich (meistens) nicht mehr, sondern ich kontrolliere sie. Heute fürchten sich meine Ängste eher vor mir. 😉
Die Welt der Panikattacken: Ein Wissenschaftlicher Blick
Panikattacken sind weit mehr als nur intensive Ängste oder vorübergehende Unannehmlichkeiten. Sie sind für die Menschen, die sie erleben, äusserst real und oft überwältigend. Aber wie viele Menschen erleben wirklich Panikattacken? Und woher kommen sie?
- Verbreitung von Panikattacken: Das Gesundheitsobservatorium OBSAN beziffert die Häufigkeit der Panikstörung in der Schweiz auf 3,1 Prozent, wobei auch hier Frauen doppelt so häufig betroffen sind wie Männer. Es fielen dabei insbesondere hohe Werte bei jungen Frauen im Altern von 15 bis 24 Jahren auf (9,9 Prozent)
- Ursachen von Panikattacken: Die genaue Ursache von Panikattacken ist komplex und oft nicht eindeutig. Faktoren wie genetische Veranlagung, biochemische Prozesse im Gehirn und belastende Lebensereignisse können eine Rolle spielen. Menschen, die an anderen Angststörungen leiden, haben auch ein höheres Risiko, Panikattacken zu entwickeln.
- Symptome und Unterarten von Panikattacken: Panikattacken sind durch plötzliche und intensive körperliche und emotionale Symptome gekennzeichnet. Dazu gehören Herzklopfen, Zittern, Atemnot, Schwitzen, Schwindel, Übelkeit und das Gefühl von unrealistischer Gefahr. Es gibt verschiedene Unterarten von Panikattacken, einschliesslich situationsbedingter Panikattacken, die spezifischen Auslösern zugeordnet werden können.
- Gefahren und Auswirkungen: Panikattacken können das tägliche Leben erheblich beeinträchtigen. Menschen, die unter Panikstörungen leiden, meiden oft Situationen oder Orte, die sie mit ihren Attacken in Verbindung bringen, was zu sozialer Isolation führen kann. Langfristig können unbehandelte Panikattacken auch zu anderen psychischen Gesundheitsproblemen wie Depressionen führen.
Es ist wichtig zu verstehen, dass du nicht allein bist und dass es Wege gibt, mit diesen herausfordernden Situationen umzugehen.
Hier sind 15 Tipps, die auf wissenschaftlichen Erkenntnissen und psychologischen Ansätzen basieren, um vor, während oder nach einer Panikattacke zu reagieren
- Atme kontrolliert: Fokussiere dich auf ruhige, tiefe (oder flache) und langsame Atemzüge. Ein langsames Einatmen durch die Nase und ein sanftes Ausatmen durch den Mund können helfen, deinen Herzschlag zu beruhigen. Bei Asthma-Anfällen ist es besonders hilfreich, ruhig und flach zu atmen. Achte darauf, dass das Ausatmen länger dauert als das Einatmen, um eine beruhigende Wirkung zu erzielen.
- Praktiziere Achtsamkeit: Lerne Achtsamkeits- und Entspannungstechniken wie Meditation und Yoga, um während einer Attacke ruhig zu bleiben.
- Fordere negative Gedanken heraus: Erinnere dich daran, dass Panikattacken zwar beängstigend sind, aber nicht gefährlich oder tödlich. Bestreite irrational negative Gedanken.
- Beruhige dich selbst: Sage dir beruhigende Sätze wie "Das geht vorbei" oder "Ich kann das bewältigen". Selbstberuhigung kann den Stresslevel senken.
- Mache Bodyscan-Übungen: Führe eine Bodyscan-Übung durch, bei der du dich auf jede Körperregion konzentrierst und bewusst Spannungen loslässt.
- Verschiebe deinen Fokus: Lenke deine Aufmerksamkeit auf äussere Reize. Zähle zum Beispiel alle blauen Gegenstände im Raum oder spüre bewusst den Boden unter deinen Füssen.
- Akzeptiere die Panikattacke: Widerstand verstärkt oft die Symptome. Akzeptiere die Panikattacke, anstatt dagegen anzukämpfen.
- Visualisiere einen sicheren Ort: Denke an einen Ort, an dem du dich sicher und entspannt fühlst. Visualisiere diesen Ort, um dich selbst zu beruhigen.
- Suche soziale Unterstützung: Sprich mit vertrauten Personen über deine Gefühle und Ängste. Teilen kann eine grosse Erleichterung bringen.
- Vermeide übermässigen Koffein- und Alkoholkonsum: Diese Substanzen können Angstsymptome verstärken. Trinke stattdessen beruhigende Kräutertees oder Wasser.
- Bewegung und Sport: Regelmässige Bewegung hilft, Stress abzubauen und das allgemeine Wohlbefinden zu steigern. Es muss nicht intensiv sein, selbst Spaziergänge können helfen.
- Regelmässiger Schlaf: Achte darauf, ausreichend zu schlafen. Müdigkeit kann Ängste verstärken, also sorge für eine regelmässige Schlafroutine.
- Suche professionelle Hilfe: Wenn Panikattacken häufig auftreten und dein Leben stark beeinträchtigen, zögere nicht, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.
- Selbsthilfegruppen: Der Austausch mit Menschen, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben, kann tröstlich und unterstützend sein. Suche nach lokalen Selbsthilfegruppen.
- Geduld mit dir selbst haben: Die Bewältigung von Panikattacken kann Zeit brauchen. Sei geduldig mit dir selbst und erkenne kleine Fortschritte an.
Mein Zusatztipp - bitte mit sehr viel Vorsicht geniessen: Bewusstes Herbeiführen von Panikattacken
Ein nützlicher Ansatz in der Behandlung von Panikattacken ist das bewusste Herbeiführen von Attacken unter therapeutischer Anleitung. Das kann bedeuten, bestimmte Übungen zu machen, wie zum Beispiel den Atem anzuhalten oder eine Treppe hochzugehen. Diese Handlungen lösen körperliche Reaktionen aus, die Panik verursachen können. Der Clou dabei ist, dass du dabei lernst, dass die panikartigen Symptome nicht durch eine wirkliche Bedrohung ausgelöst werden, sondern durch diese Übungen selbst. So erkennst du, dass deine ängstlichen Gedanken oft nicht der Realität entsprechen. Diese Übungen geben dir ausserdem ein Gefühl der Kontrolle, da du weisst, dass die Panikattacken durch die bewussten Handlungen ausgelöst werden und auch ohne Vermeidungsverhalten wieder abklingen. Es ist ein wichtiger Schritt, um die Kontrolle über deine Ängste zurückzugewinnen.
Denke daran, dass du nicht allein bist und Unterstützung verdienst. Es ist mutig, sich Hilfe zu holen, und es gibt Ressourcen und Menschen, die bereit sind, dir in deinem Kampf gegen Panikattacken zur Seite zu stehen. Du bist stärker, als du denkst, und du kannst lernen, mit diesen Herausforderungen umzugehen.
Was kannst du noch tun bei Panikattacken
In der Schweiz gibt es verschiedene Selbsthilfegruppen und Ressourcen für Menschen, die mit Panikattacken oder anderen Angststörungen kämpfen.
Hier sind einige Organisationen und Websites, die Unterstützung bieten können
- Schweizerische Gesellschaft für Angst und Depression (SGAD):Die SGAD bietet umfassende Informationen über verschiedene Angststörungen und Depressionen. Auf ihrer Website kannst du Informationen zu den verschiedenen Arten von Angststörungen, deren Symptomen und Behandlungsmöglichkeiten finden. Darüber hinaus verfügen sie über eine Liste von Selbsthilfegruppen, die Unterstützung für Menschen mit Angststörungen anbieten. Besuche die Website der SGAD: Schweizerische Gesellschaft für Angst und Depression
- Pro Mente Sana: Pro Mente Sana ist eine Organisation, die Unterstützung für Menschen mit psychischen Herausforderungen anbietet, einschließlich Angststörungen. Sie betreiben eine Helpline, die du anrufen kannst, um vertrauliche Unterstützung zu erhalten. Außerdem bieten sie Informationen über lokale Selbsthilfegruppen und andere Ressourcen für Menschen mit psychischen Problemen. Besuche die Website von Pro Mente Sana: Pro Mente Sana
- Selbsthilfe Schweiz: Selbsthilfe Schweiz ist eine Plattform, die eine umfassende Datenbank von Selbsthilfegruppen in der Schweiz bereitstellt. Auf ihrer Website kannst du nach verschiedenen Kategorien suchen, einschließlich Angststörungen, um Selbsthilfegruppen in deiner Nähe zu finden. Selbsthilfegruppen bieten eine unterstützende Umgebung, in der Menschen mit ähnlichen Herausforderungen sich austauschen und gegenseitig unterstützen können. Besuche die Website von Selbsthilfe Schweiz: Selbsthilfe Schweiz
- Notfallnummer: In akuten Situationen, in denen du sofortige Hilfe benötigst, kannst du die Notfallnummer 144 anrufen. Diese Nummer ist rund um die Uhr erreichbar und verbindet dich mit medizinischen Notdiensten, die dir in Notfällen helfen können. Weitere Informationen zur Notfallnummer 144: Notfallnummer 144 - Sanitätsnotruf
Bitte beachte, dass es wichtig ist, professionelle Hilfe von einem Arzt, Psychologen oder Therapeuten zu suchen, insbesondere wenn deine Panikattacken schwerwiegend sind oder dein tägliches Leben stark beeinträchtigen.